Internationale Tagung / Colloque international 2016

(Copyright: Staatliche Bibliothek Regensburg)

Ankündigungstext

(pour des informations en français, cliquez ici: Information Camp de Ratisbonne_PremGuerremond_16-18-6-2016)

Während des Ersten Weltkriegs befand sich in Regensburg von 1914 bis 1918 ein Kriegsgefangenenlager mittlerer Größe, zu dem zahlreiche Außenkommandos gehörten. Die Geschichte dieses Lagers ist so gut wie unerforscht. Eine systematische Untersuchung existiert nicht. Unerforscht ist ebenfalls das kulturelle Leben im Lager, in dem die französischen Gefangenen bei weitem die größte Gruppe bildeten. Die Produkte, die dort entstanden – die Zeitung Le Pour et le Contre, Gedichte, Kompositionen –, die Institutionen, die es dort gab – Bibliothek, Theater, Orchester –, Personen und Vorgänge und rituelle Ereignisse im Einzelnen – Messen und religiöse Feiern, Feste, sportliche Veranstaltungen, Musik- und Theateraufführungen – harren der genaueren Untersuchung.

Die internationale Tagung verbindet übergreifende europäische Perspektiven mit lokalen und regionalen Aspekten. Sie geht vom Fund der von Kriegsgefangenen selbstverfassten französischen Zeitung Le Pour et le Contre – Journal hebdomadaire des prisonniers de Regensburg und eines bis dato unbekannten Konvoluts von Theater- und Konzertprogrammen aus, die kürzlich von der Staatlichen Bibliothek Regensburg erworben wurden. Sie führten schließlich zur Entdeckung des Regensburger Kriegsgefangenenlagers, situiert im Zentrum der Stadt auf einer Donauinsel, der Wöhrd-Insel. Diese Funde und erste Auswertungen bilden den Anlass für eine wissenschaftliche Verständigung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Frankreich, Russland, Kanada und Deutschland zu historischen und kulturellen Gegebenheiten der Kriegsgefangenschaft französischer Soldaten in Regensburg, in Deutschland, Frankreich und Europa. Im Zentrum stehen die kulturellen, die  kommunikations- und die militärgeschichtlichen Ereignisse und Beziehungen während und nach den kriegerischen Ereignissen. Zur Sprache kommen auch französisch-russische Verbindungen einerseits, politische und erinnerungskulturelle Prozesse andererseits. Der besondere Akzent liegt auf der Funktion von Schrift-, Ton- und Bild-Medien sowie den damit verbundenen Institutionen für die heutige Wahrnehmung von Krieg, Gefangenschaft und Kultur in historischer und systematischer Perspektive.

Die Tagung wird abgerundet durch ein kulturelles Programm, das sich direkt auf die Kultur im Kriegsgefangenenlager bezieht: Aufgeführt wird das Theaterstück L’Affaire de la rue de Lourcine von Eugène Labiche in deutscher Sprache (hundert Jahre nach der Aufführung im Kriegsgefangenenlager Regensburg)  und am selben Abend eine Auswahl aus Chansons und Orchesterstücken, die auf der Wöhrd-Insel im Kriegsgefangenenlager von französischen Soldaten für die Internierten zum Vortrag gebracht wurden.

Die Referentinnen und Referenten kommen aus den Bereichen der Geschichts­wissenschaft, der deutschen und französischen Literatur­wissenschaft, französischen Sprachwissen­schaft, Musikwissenschaft und Kulturwissenschaft. Die Tagung begreift sich als Auftakt-Konferenz für die weitere, vertiefte Beschäftigung mit dem Zusammenhang von Gefangenschaft und Kultur. Sie dient dazu, erste Ergebnisse zusammenzutragen, wissenschaftliche Fragestellungen schärfer zu konturieren und die Wissenschaftsbeziehungen zu diesem Thema enger zu knüpfen.

Veranstaltungsort: Thon-Dittmer-Palais, Haidplatz 8, 93047 Regensburg.

Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei, für den Theater- und Konzertabend werden 5,00 € Eintritt an der Abendkasse erbeten.

Programm

Donnerstag, 16. Juni 2016

16:00 Eröffnung

Joachim Wolbergs, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg

16:10 Julien Thorel, Leiter des Institut français München

16:15 Einführung in die Tagung: Isabella von Treskow/Bernhard Lübbers

16:30-17:15 Uhr

Stéphane Pesnel (Paris IV, Sorbonne) (Keynote I):

Kriegserfahrung und Kriegsliteratur

17:15-18:00 Uhr

Sybille Große (Universität Heidelberg):

Französisch-deutsche Briefkorrespondenz im Ersten Weltkrieg: linguistische Analysen

Freitag, 17. Juni 2016

9:00-10:00 Uhr

Robert L. Nelson (University of Windsor, Kanada) (Keynote II):

Deutsche und französische Soldatenzeitungen des Ersten Weltkriegs

10:00-10:45 Uhr

Isabella v. Treskow (Universität Regensburg):

Le Pour et le Contre stand nicht allein. Französische Gefangenenzeitungen des Ersten Weltkriegs in Bayern

11:15-12:00 Uhr

Dominik Bohmann (Universität Regensburg):

Zwischen Zwang und Freiheit. Französische Kriegsgefangene in Regensburg

12:00-12:45 Uhr

Georg Köglmeier (Universität Regensburg):

Regensburg im Ersten Weltkrieg. Das städtische Umfeld des Gefangenenlagers

 

Mittagspause 12:40-14:00 Uhr

 

14:00-14:45 Uhr

Bernhard Lübbers (Staatliche Bibliothek Regensburg):

Lesen als Form der Bewältigung. Lektüren und Bibliotheken für Kriegsgefangene im Ersten Weltkrieg

14:45-15:30 Uhr

Hubert Emmerig (Universität Wien):

Das Lagergeld im Regensburger Kriegsgefangenenlager des Ersten Weltkriegs

16:00-16:45 Uhr

Wolfgang Asholt (Humboldt-Universität Berlin):

Boulevard im Krieg: die Auswahl der Theaterstücke im Regensburger Lager

16:45-17:30 Uhr

Susanne Fontaine (Universität der Künste Berlin):

Musik im Kriegsgefangenenlager Regensburg

 

20:00 Uhr, ebenfalls Thon-Dittmer-Palais

Theateraufführung

Eugène Labiche: Die Affäre Rue de Lourcine

(Akademie für Darstellende Kunst Bayern)

und Konzert 

Musik aus dem Kriegsgefangenenlager Regensburg 1914-1918

(Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg)

 

Samstag, 18. Juni 2016

9:30-10:15 Uhr

Julien Thorel (München):

Der Erste Weltkrieg aus französischer Sicht 100 Jahre danach – eine historiografische Bewertung

10:15-11:00 Uhr

Uta Hinz (Universität Düsseldorf):

Erfahrung Gefangenschaft im Ersten Weltkrieg

11:15-12:00 Uhr

Rainer Pöppinghege (Universität Paderborn):

Lager-Kulturen im Ersten Weltkrieg

12:30-13:15 Uhr

Britta Lange (Humboldt-Universität Berlin):

Die Hirtin und der Naturforscher.
Sprachwissenschaftliche und anthropologische Forschungen in Lagern des Ersten Weltkriegs

13:15-14:00 Uhr

Oxana Nagornaia (Universität Tscheljabinsk):

Nicht Freunde, nur Verbündete“: Entente-Kriegsgefangene in den deutschen Lagern

14:00-14.15 Uhr

Abschluss der Tagung:

Isabella von Treskow/Bernhard Lübbers

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